Frage
zu den Arzthonoraren |
Vor kurzem ging eine interessante Meldung durch die Medienwelt: Ärzte bekommen für einen
durchgeführten Kaiserschnitt mehr bezahlt, der Aufwand für das Krankenhaus sinkt entsprechend, da beispielsweise stundenlanges Warten des Personals
entfällt. Zugespitzt gefragt: ist das der wahre Hintergrund für eine derartige Entwicklung? |
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Was die Honorare betrifft, ist die Antwort sehr, sehr einfach. Es gibt keinen
Unterschied bei der Honorierung was die spontane Geburt oder den
Kaiserschnitt betrifft - der Arzt verdient völlig gleich viel. Was die
Verantwortung gegenüber der Solidargemeinschaft betrifft, wird es im
öffentlichen Bereich schwieriger - die Kosten für eine
Sectio sind höher als bei einer normalen Geburt, und aus diesem Grund wird in Allgemeinen Krankenhäusern der Wunschkaiserschnitt wie eine
Wunschoperation behandelt und juristisch gesehen müsste er auch privat bezahlt werden genauso wie zum Beispiel ein Brustaufbau bei einer kleinen
Brust oder andere kosmetische Operationen. Also zusammengefasst: die Ärzte verdienen ob mit Spontan- oder mit Kaiserschnittgeburt
jedoch gleich viel"
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Frage
zur Notwendigkeit von Kaiserschnitten |
Man muss ja jetzt unterscheiden zwischen medizinisch notwendigem Kaiserschnitt und dem Wunschkaiserschnitt, der immer mehr Einzug hält. Die WHO
spricht von einem 10% Satz an medizinisch notwendigen Kaiserschnitten aber es kommt nun dieser hohe Prozentsatz an Wunschkaiserschnitten hinzu - ist
das denn sinnvoll, dass sich immer mehr Mütter die kurze, die operative Geburt wünschen? |
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Man muss grundsätzlich drei Begriffe inzwischen klären:
das eine ist die absolute Notwendigkeit, einen Kaiserschnitt durchzuführen, dann die relative,
d.h. die Notwendigkeit nach Abwägung verschiedener geburtshilflicher
Maßnahmen und schlussendlich die elektive, also der Wunschkaiserschnitt. Eine absolute
Notwendigkeit einen Kaiserschnitt durchzuführen ist z.B. die
Beckenendlage bei Erstgebärenden oder die Querlage, eine bereits während
der Schwangerschaft festgestellte Behinderung des Kindes, eine
Mehrlingsgeburt abhängig von der Lage der Kinder, ein Ausbleiben der
Wehen, ein vorliegender Mutterkuchen,..."
"Im Gegensatz zu den angeführten medizinisch notwendigen Indikationen für einen
Kaiserschnitt zeigt sich seit 2-3 Jahren eine neuere Entwicklung, wo der
Frau das Recht zugesprochen wird, selbst zu entscheiden, auf welchem Weg
sie das Kind auf die Welt bringen möchte." |
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Frage |
Wie schaut das bei Ihnen konkret in der Praxis aus? Wann lassen Sie einen Wunschkaiserschnitt zu?
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Letztendlich, und das ist tatsächlich eine neue Entwicklung in der Geburtshilfe oder
auch in der Medizin generell, sollte die Frau entscheiden. Die primäre
Entscheidung liegt nicht mehr beim Arzt, sondern effektiv bei der Frau -
auch die Rechtslage ist hier klar: bei gleichwertigen Therapien entscheidet der
Patient!"
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Frage
nach den Vorteilen |
Was ist der entscheidende Vorteil der Kaiserschnittmethode? Ist es, dass es
einfach pünktlich und schmerzfrei ist, keine stundenlangen Wehen -
ein kontrollierter, genau festgelegter, datumsbezogener Geburtstermin?
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Ich möchte noch einmal wiederholen: die beste Geburt ist die natürliche
Geburt, ohne Dammschnitt, ohne Zange, ohne Saugglocke, ohne Komplikationen, was allerdings in der Realität selten vorkommt. Die
zweitbeste Variante ist der geplante Kaiserschnitt in der 38., 39. Woche."
Um Ihre Frage jetzt definitiv zu beantworten:
Die Vorteile und Nachteile für das Kind sind - gehen wir zuerst zu den Vorteilen: |
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die geringste Sterblichkeit - es gibt kein Absterben des Ungeborenen während
der Geburt, |
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kein Absterben im Mutterleib zwischen der 38. und 40. Woche; |
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es gibt keine Schädigung wie Sauerstoffmangel und Geburtsverletzungen während der Geburt |
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und weniger Infektionen; |
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Die Nachteile für das Kind sind ohne Zweifel |
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beobachtbare Anpassungsprobleme - das Kind braucht manchmal eine vorübergehende Überwachung. |
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"Es gibt eine Studie von 1996, um diese Vor- und Nachteile noch etwas
zusammenzufassen, von Al Mufti in England, in der Medizinerinnen gefragt
wurden, wie
sie entbinden möchten, und immerhin ein Drittel der Medizinerinnen
würden sich selbst für einen Kaiserschnitt als beste Geburtsmethode
entscheiden um die doch immer wieder in der spontanen Geburt
liegenden Komplikationsraten zu vermeiden." |
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Frage
zum Risiko bei Kaiserschnitten
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Es ist noch gar nicht so lange her, da galt der Kaiserschnitt noch als
riskante Operationsmethode, d.h. dem ist jetzt überhaupt nicht mehr so?
Sie können fast das Gegenteil behaupten.
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, können wir diese leichte Form des
Kaiserschnitts anbieten, eine Spinalanästhesie - im Volksmund sagt man
Kreuzstich dazu [er klingt dramatischer, als er in Wirklichkeit ist],
dann können wir die Blutstillung relativ exakt und schnell machen -
kurzum, der Fortschritt in der Medizin ist inzwischen so groß, dass wir
von der medizinischen Seite sagen können, dass keine Gefahr für Mutter
und Kind besteht, außer die bereits genannten wie Wundschmerzen und
vielleicht eine etwas höhere Blaseninfektionsrate."
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Frage
nach den Gefühlen |
Ein beachtlicher Nachteil ist natürlich, Sie haben es bereits genannt: dieses Gefühl, das zwischen Mutter und Kind während einer natürlichen Geburt aufgebaut wird, wird
verkürzt bzw. eben nicht fühlbar gemacht. Es hat eine Mutter vor kurzem einmal geschildert, sie hat das
erste Kind mit natürlicher Geburt zur Welt gebracht, das zweite per Kaiserschnitt, und da hat sie gemeint, sie hat sich eigentlich leicht
betrogen gefühlt - plötzlich liegt das Kind am Bauch und man hat eigentlich nichts mitbekommen - ist das noch ein
Nachteil wo man auch sagt, den Kaiserschnitt wünsch´ ich mir deswegen nicht?
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Ich persönlich bin der Meinung, die Frau sollte mitentscheiden können,
und sie kann mitentscheiden - die meisten Frauen empfinden das
Geburtserlebnis als etwas Wunderbares und Einzigartiges und diejenigen
Frauen, die eine natürliche Geburt nicht erlebt haben, leiden oft
jahrelang darunter, dieses erste und einzigartige Erlebnis mit dem Kind
verpasst zu haben; andererseits sind sehr viele Frauen nach einem
Wunschkaiserschnitt überglücklich, kein Risiko für das Kind eingegangen
zu sein und nach 7-10 Minuten das Neugeborene bereits auf der Brust
gespürt und vielleicht schon nach 20-35 Minuten alles überstanden zu
haben."
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Frage
nach einer persönlichen Stellungnahme |
Herr Dr. Hintermüller: schlussendlich zusammengefasst, Sie haben ja als Experte sehr viel miterlebt auf diesem Gebiet, wären Sie, angenommener weise jetzt in der Lage, als Frau fiktiver
weise gesehen, zu gebären: wofür würden Sie sich entscheiden?
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Antwort von Dr. Peter Hintermüller
"Abhängig vom Alter vielleicht. Als junge werdende Mutter bei normalen
Voraussetzungen und komplikationsloser Schwangerschaft und richtiger Lage
des Kindes würde ich eine Spontangeburt bevorzugen. Bei oft
unbegründbaren Ängsten bereits während der Schwangerschaft,
dass irgendetwas passieren könnte während der Geburt, würde ich mich
dann doch für einen Wunschkaiserschnitt entscheiden...
und eben dieses Recht wird die Frau bekommen oder sie hat es schon!"
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Literatur:
Haenggi-Bally D, Heinzl S (2004). Ist die natürliche Geburt
"out"? Hintergründe und Überlegungen zum Wunschkaiserschnitt.
Schweiz Med Forum. 2004;4:1244-51.
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