Harninkontinenz oder unfreiwilliger Harnverlust - im Volksmund "Blasenschwäche"
genannt - zählt zu den letzten Tabuthemen in unserer "so" aufgeklärten
Gesellschaft und wird von vielen fälschlicherweise als eine normale Begleiterscheinung des Älterwerdens
und als unabänderliches Schicksal angesehen.
Die Scham, die dieses Thema umgibt, ist die Ursache einer
nicht möglichen Therapie, da der behandelnde Arzt oft gar nicht erfährt,
dass die Patientin darunter leidet. Obwohl subjektiv häufig eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität in den verschiedensten
Lebensbereichen (Beruf, soziale Kontakte - gesellschaftliches Leben, körperliche
Aktivitäten, Sexualität, Psyche, häusliche Bereiche) erlebt wird, stehen nur etwa 5% der
erkrankten Frauen in ärztlicher Behandlung.
Viele Patientinnen ziehen es stattdessen vor, zur Selbsthilfe zu greifen, indem sie die Harnblase oft
entleeren, die Flüssigkeitszufuhr reduzieren oder Einlagen/Windeln tragen.
Dies ist umso bedauerlicher, da wir für die verschiedenen Formen sehr Erfolg versprechende Behandlungsmöglichkeiten anbieten können.
Daten der EPIC-Studie aus dem Jahr 2006 zeigen, dass
Harninkontinenz mit einer Häufigkeit von 13.1% bei der Frau und 7.3% beim
Mann auftritt.
Die häufigste Form ist die Belastungsinkontinenz mit einem Auftreten von
8.7% in der Gesamtpopulation. Drang- und Mischinkontinenz finden sich mit
3.9% und 2.4%.
In Österreich sind rund 850.000 Frauen
und 150.000 Männer von mindestens einer Erscheinungsform der Blasenschwäche betroffen. Seit 1998 wird die
Inkontinenz von der WHO sogar als eigenständige Krankheit definiert.
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Harninkontinenz tritt vornehmlich bei älteren Frauen auf, in der
Altersgruppe der 50 bis 70-Jährigen mit einer Häufigkeit von 30-40%. Aber auch zahlreiche jüngere Frauen leiden, bedingt durch schwere Geburten,
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Harnkontrolle - Miktionszyklus - wie arbeitet
die Blase?
Die Harnblase ist ein muskulöses Hohlorgan zur Speicherung und Entleerung von Harn.
Eine gefüllte Harnblase fasst durchschnittlich 300 bis 500 ml Harn. Form und Lage
der Blase wechseln stark mit ihrem Füllungszustand. Harn wird von den beiden
Nieren über die Harnleiter in die Harnblase geleitet, welche sich bei
zunehmendem Füllungszustand vergrößert. Die Harnblasenwand wird dabei
passiv gedehnt und das Schließmuskelsystem am Blasenausgang, zu dem auch
die Beckenbodenmuskulatur gehört, sorgt dafür, dass der Harn in der
Harnblase zurückgehalten wird.
Ab einem bestimmten Füllungszustand - ein erster Harndrang stellt sich
normalerweise ab 200 ml ein - gibt
sie über das Rückenmark Signale an das Gehirn, sodass sie dann zu einem gewählten, selbst
bestimmten Zeitpunkt entleert werden kann. Heftiger Harndrang wird ab 400 ml
verspürt. Beim Entleeren der Blase
("Miktion") zieht sich die Muskulatur der Harnblasenwand zusammen
und das Schließmuskelsystem am Blasenausgang erschlafft. Dadurch kann der
Harn über die Harnröhre willentlich ausgeschieden werden.
Inkontinenzformen
Hyperaktive Blase ("Reizblase")Als eine Vorstufe der
Dranginkontinenz ist die überaktive Blase anzusehen. Sie ist
gekennzeichnet durch einen starken Harndrang, der jedoch noch kontrolliert
werden kann. Bei den häufigen Toilettengängen tagsüber und auch nachts werden jeweils nur geringe
Harnmengen abgegeben.
Reizblase = keine Inkontinenz
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