Die Belastungsinkontinenz (früher auch im Deutschen als Stressinkontinenz
bezeichnet) ist die häufigste Form der "Blasenschwäche", bei der es zu einem unfreiwilligen Harnverlust bei "Stress"
kommt. "Stress" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht psychischer Stress, sondern der
plötzliche Druckanstieg in der Bauchhöhle bei körperlichen Belastungen
wie Lachen, Husten oder gar Gehen. Üblicherweise verspüren die Betroffenen
dabei keinen Harndrang.
3 Schweregrade können unterschieden werden:
|
|
|
|
|
Grad |
Symptom |
I |
Harnverlust beim Niesen, Husten,
Pressen und schweren Heben |
II |
Harnverlust beim
Gehen und Aufstehen |
III |
Harnverlust
im Liegen |
|
|
|
|
Der Belastungsinkontinenz liegt eine organische Veränderung, nämlich eine Schwächung des Beckenbodens mit
Beeinträchtigung des Schließmuskelsystems am Blasenausgang zugrunde. Die Harnblasenfunktion ist meist nicht gestört.
Belastungsinkontinenz = Schließmuskelschwäche
|
Die Verletzlichkeit des weiblichen Schließmuskelsystems spielt hierbei eine zentrale Rolle und führt dazu, dass vor allem Frauen von der
Belastungsinkontinenz befallen sind.
Der Beckenboden ist eine flache ca.1
cm dicke Muskelplatte zwischen Schambein, Steißbein und den Sitzhöckern. Er trägt und stützt die Beckenorgane (Harnröhre, Scheide
und Darm).
Der Beckenboden ist normalerweise angespannt, gibt bei Blasen- und/oder
Darmentleerung nach und verschließt sich danach wieder fest. Ein Nachlassen der Spannung des Beckenbodens kann zu einer Senkung von
Harnblase und Gebärmutter oder zu Inkontinenz führen.
Die Beckenbodenmuskeln unterstehen unserem Willen, d.h. man kann einen
gesunden Beckenboden auch bewusst anspannen und so z.B. Harnabgang
vermeiden.
Im Unterschied zum männlichen Beckenboden ist der Beckenboden bei der Frau an 3 Stellen
durchbrochen und einem wachsenden Druck während der Schwangerschaft und einer enormen Erweiterung bei der
Geburt ausgesetzt. Hormonelle Veränderungen nach dem
Wechsel können überdies noch zu einem Versagen des Stützapparates beitragen.
Schwere körperliche Arbeit, chronische Verstopfung und Übergewicht belasten den Beckenboden zusätzlich.
Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz)
|
Unter
Dranginkontinenz versteht man Harnverlust, der von einem starken Harndrang
begleitet ist und unabhängig von körperlicher Belastung auftritt.
Bereits bei geringem Füllungszustand der Harnblase verspüren die
Betroffenen einen starken Harndrang, verursacht durch eine übermäßige
Erregung der Harnblasenmuskulatur (Detrusorhyperaktivitätsinkontinenz) oder
durch eine Relaxierung der Harnröhre. Charakteristische Symptome sind häufige
Toilettengänge tagsüber ("Pollakisurie"), aber auch nachts
("Nykturie").
|
Dranginkontinenz = Harnblasenschwäche
|
Mögliche Ursachen:
|
Krankheiten in der Harnblase:
|
|
z.B. Harnwegsinfekte, Blasensteine, Blasentumore
|
|
Defekte in der Schaltzentrale Gehirn:
|
|
z.B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schlaganfall
|
|
Altersbedingte Veränderungen der Harnblase mit Faltenbildung: leichtere
Erregbarkeit
|
|
Hormonmangel: Nachlassen der Elastizität der Harnblasenwand
|
|
Medikamente, die eine Übererregbarkeit der Blasenmuskulatur hervorrufen
|
|
psychischer Stress
|
|
Bei der
Überlaufinkontinenz ist die Harnblase stark gefüllt und durch größere Restharnmengen überdehnt. Sie gibt
unkontrolliert ohne Kontraktion der Blasenmuskulatur kleine Harnmengen ab. Ursache kann
eine Blockierung der Harnröhre sein, die zu Harnstau führt (z.B. bei
Männern
infolge vergrößerter Prostata). Trotz normaler Funktion der Harnblase und
des Schließmuskelsystems kann der Harn in diesem Falle gegen das Hindernis
nicht vollständig entleert werden. Aber auch Medikamente, die zu einer
Dämpfung der Harnblasenmuskulatur führen (z.B. Psychopharmaka) kommen als
Ursache für die Überlaufinkontinenz in Frage.
|
Hierbei kommt es durch angeborene
oder erworbene Öffnungen des Harnwegssystems (z.B. bei Auftreten von
Fistelbildungen im Bereich der Blase oder des Harnleiters) zu Harnverlust außerhalb der
Harnröhre.
Reflexinkontinenz ist durch einen unwillkürlicher Harnabgang, eine "reflektorische" Entleerung,
gekennzeichnet, ohne dass dabei ein Harndrang verspürt, wahrgenommen wird. Ursache ist eine Störung des
Zusammenwirkens von Miktionszentrum (Steuerungszentrum im Gehirn, das für
die Blasenentleerung zuständig ist) im Gehirn und der Harnblase aufgrund
von neurologischen
Erkrankungen des Gehirns (Morbus Parkinson, Schlaganfall, Alzheimer, Multiple
Sklerose) und/oder des Rückenmarks (Querschnittslähmung, Bandscheibenvorfall).
Besonders bei älteren Frauen ist Harnverlust oft durch Kombinationen von
Belastungs- und Dranginkontinenz gekennzeichnet. Mit zunehmendem Alter findet
man häufig eine Schwäche der Blasenmuskulatur (Detrusorschwäche), die zur
unvollständigen Entleerung der Blase mit Überlaufinkontinenz führt, und
sich zumeist als Drangüberlauf- oder Belastungsüberlaufinkontinenz
präsentiert. Mischformen machen es oft besonders schwierig, die richtige
Diagnose und in der Folge die geeignete Therapie zu finden.
|