Kaiserschnitt: Wunsch und Rechtslage
Eine Umfrage [Al-Mufti et al. (1996), Lancet 347:544] unter geburtshilflich tätigen
Ärztinnen ergab, dass 31% der Befragten für sich selbst einen Kaiserschnitt als Geburtsmethode wählen würden. Die Furcht vor Beckenbodenschädigungen wurde als
Begründung am häufigsten genannt, darüber hinaus auch die Angst vor Dammverletzungen und Schädigung des Kindes, aber auch der Wunsch nach einer
besseren Planbarkeit der Geburt.
Der operative Eingriff wurde in den letzten Jahren vereinfacht. Nicht alle Ärzte, aber schon sehr viele machen inzwischen eine sog.
„Sectio light“. Hier wird weniger geschnitten und nur mehr die Gebärmutter, eine bindegewebige Schicht und die Haut genäht. Dadurch können die Frauen sofort nach der
Operation trinken und bei Appetit auch essen. Gleichzeitig sind die postoperativen Schmerzen ungleich niedriger. Ob
Ihr Arzt diese sanfte Form des
Kaiserschnittes durchführt, müssen Sie allerdings erfragen.
In unserem Jahrhundert erwarten wir von den Menschen auch im medizinischen Bereich immer mehr Eigenverantwortung (z.B.
gesunde Ernährung, Zahnpflege,
Krebsabstrich usw.).
Wenn nun spontane Geburt und Kaiserschnitt zwei
gleichwertige Therapieverfahren darstellen, dann hat die werdende Mutter absolut das
Recht über die Art der Geburt mit zu entscheiden.
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Die Rechtslage ist klar: bei gleichwertigen Therapien entscheidet der
Patient! |
Im Falle des Wunschkaiserschnittes stellt sich auch für den Arzt die Frage: „Haben wir als Ärzte das Recht eine
gleichwertige Alternative zur spontanen Geburt zu verbieten? Oder „Muss die Medizin hier mitmachen?
Aus diesem Grunde gibt es derzeit auch einen Streit unter den
Geburtshelfern. Waren Ärzte bisher gewohnt nach medizinischer Notwendigkeit (Indikation) zu
entscheiden, wird ihnen nun diese Kompetenz aus der Hand genommen und die Entscheidung auch dem Patienten überlassen.
War früher Heilen oberstes und einziges Ziel medizinischen Handelns kam es z.B. mit der Schönheitschirurgie zu einer grundlegenden Änderung des ärztlichen
Handelns. Brustvergrößerung, Fettabsaugen oder Faltenunterspritzung sind keine Heilbehandlungen.
Gibt es Unterschiede zwischen Kaiserschnittkindern und jenen,
die auf natürlichem Weg auf die Welt gekommen sind?
Von internistischer Seite sicher nicht.
Schwieriger ist die Beurteilung aus psychologischer Sicht. Die Tatsache, dass durch Kaiserschnitt auf die Welt gebrachte Kinder nach dem Abnabeln nicht sofort der
Mutter übergeben werden und damit der Hautkontakt fehlt soll eine schlechtere Mutter-Kind-Beziehung
("bonding") nach sich bringen. Inzwischen
ist dieses Problem insofern gelöst, als die Mehrzahl der Geburten in Spinalanästhesie erfolgt und dadurch das Kind sofort nach Versorgung durch
den Kinderarzt der Mutter übergeben wird. Über Langzeitauswirkungen, wie etwa dem sozialen Verhalten im
späteren Leben, gibt es keine Studien. Daten werden erst in Jahrzehnten vorliegen.
Was die Honorare betrifft sind die Kosten von den Privatversicherungen gleichgestellt, d.h. ob spontane Geburt oder
Kaiserschnitt - ein Arzt verdient gleich viel. Was die Verantwortung gegenüber der Solidargemeinschaft betrifft, wird es im öffentlichen Bereich schwieriger. Die Kosten für eine
Sectio sind höher als bei einer normalen Geburt. Aus diesem Grund wird in den allgemeinen Krankenhäusern der Wunschkaiserschnitt einer Wunschoperation,
ähnlich wie Eileiterunterbindung oder Brustvergrößerung, gleichgestellt und muss aus diesem Grund auch privat bezahlt werden.
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Die Notwendigkeit, einen Kaiserschnitt vorzunehmen, sollte immer sorgfältig geprüft werden, dies
auch deshalb, |
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weil die Mutter wieder schneller fit ist, wenn sie ihrem Kind auf natürlichem Weg das Leben schenkt. |
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Die WHO propagiert die Hebamme zur Fachfrau für Geburt und Wochenbett
und sie steht, aufgrund ihrer hervorragenden Ausbildung, der Gebärenden in den schmerzvollen Sunden der Geburt primär bei und
nicht der Arzt. |
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Viele Frauen empfinden das Geburtserlebnis als etwas Wunderbares und Einzigartiges.
Diejenigen Frauen, die |
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eine natürliche Geburt nicht erlebt haben, leiden oft jahrelang darunter, dieses erste, gemeinsame Erlebnis mit ihrem Kind "verpasst" zu haben. |
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Andererseits sind sehr viele Frauen nach einem Wunschkaiserschnitt überglücklich, kein Risiko für ihr Kind |
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eingegangen zu sein und nach 7 bis 10 Minuten das Neugeborene bereits
auf der Brust gespürt und nach 30 bis 35 Minuten alles überstanden zu haben.
Die Narbe im Bikinibereich stört offensichtlich nicht besonders.
Mir sagte einmal eine überglückliche Frau nach einem Wunschkaiserschnitt: „Ich muss nicht leiden um zu
verstehen!“ Oder eine andere „Man sollte leicht geboren werden, denn das Leben später ist doch hart genug!“ |
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Ich glaube, man muss sich als Geburtshelfer im Verlauf der Schwangerschaft mit dem Wunsch der schwangeren Frau nach einem geplanten Kaiserschnitt auseinandersetzen. Dabei
sind Vor- und Nachteile objektiv darzulegen und eine Lösung gemeinsam mit der Frau zu finden.
Letztendlich entscheiden können sollte aber die Frau!
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